Big Bang – Unser Saisonfazit

Pierre Pagé scheitert an den eigenen Ansprüchen, der Mannschaft und am Ende an den Fans

Die Saison 2013/14 war eine lange Aneinanderreihung von Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Das begann schon damit, dass Spieler vor der Saison verpflichtet wurden, noch bevor man einen Trainer hatte. Die Vertragsunterzeichnung von Raubein und Spaßvogel Sean O ‘Connor wäre sicher nicht möglich gewesen,  wenn dieser gewusst hätte, welcher Trainer auf ihn zu kommt. Dennoch hat auch O’Connor kein Fettnäpfchen ausgelassen, um sich bei den Offiziellen unbeliebt zu machen. Das ging von kleineren Vergehen, wie dem Football-Schauen weit nach Mitternacht, bis hin zum Aufnehmen und Versenden von Kabinenansprachen. Als er dann auch noch junge Spieler vor der Kritik Pagés schützen wollte, lief das Fass über und O’Connor fand sich in einem Tauschgeschäft mit dem Schwenninger MacKay wieder.

Doch O’Connor war nicht der einzige Spieler, dessen Verpflichtung ein Missverständnis war. Nicht nur einmal in der Saison wurde das Wort “Urlauber” vernommen, wenn über die Ausländerlizenzspieler gesprochen wurde. Die mit viel Vorschusslorbeeren geholten AHL-Recken Jon DiSalvatore und Nick Palmieri zeigten nur höchst selten, warum sie in Nordamerika einen hohen Ruf genießen. Zusammen mit Darran Haydar sollten sie eigentlich einen Sturm bilden, der die Gegner das Fürchten lehren sollte. Stattdessen zeigte Haydar nur beim Spengler-Cup in der Schweiz, wo er fern von Trainer und Kollegen für Kanada spielen dürfte, was er eigentlich könnte – wenn er denn wollte. Jon DiSalvatore hatte wahrscheinlich seine Koffer noch gar nicht richtig ausgepackt, da wurde er wegen offensichtlicher Unlust wieder in die AHL geschickt. Auch in der Mannschaft soll er nicht der beliebteste Spieler gewesen sein, was aber nicht die einzige Baustelle in der Kabine blieb. Doch dazu später.

Die Abwehr war das größte Problem, was nicht nur daran lag, dass Grant Lewis und Andrew Wozniewski die eigene blaue Linie als Fahrspur für riskante Querpässe ansahen. Auch die ultra-offensive Spielweise,  mit der Pagé eine neue Ära des Eishockeys und Entertainments in München begründen wollte, brachte nicht nur manchen Fan auf die Palme. Besonders Goalie Jochen Reimer, bei Fans und Medienvertretern als Spaßvogel und Gute-Laune-Onkel bekannt, musste unter dem dauernden Fehlen seiner Vorderleute leiden. Die Äußerung Pagés, dass Jochen damit leben müsse, war dann wahrscheinlich das letzte Puzzlestück zu seiner Unterschrift in Nürnberg. Wer will es ihm verdenken, wenn zusätzlich die letzte freie Ausländerlizenz – statt für einen Stürmer – für einen Goalie verwendet wird, der zwar schon mal in der NHL gespielt hat, aber in der laufenden Saison in der Schweiz als 3. Torhüter meist nur auf der Tribüne saß.

Doch besonders der Plan Pagés, den EHC zu etwas zu machen, was im Fußball Real Madrid oder Barcelona sind, stieß bei Medien und Fans gleichermaßen auf Unverständnis. Pagé, ein Mann der bildhaften Vergleiche, verrannte sich so in Geschichten aus der NHL, NBA, dem Fußball oder sogar der Raumfahrt, dass Pressekonferenzen oftmals nur endeten, wenn der Pressesprecher in einem Augenblick des Luftholens das Mikrofon nahm und den Gästetrainer verabschiedete. Die PKs mit Hans Zach als Gast werden auf Jahre unerreichbar sein.

Doch gerade durch seine Metaphern wurde Pagé von Fans oftmals als nicht zurechenbar empfunden. Und diese kleine Gruppe Fans war es dann auch, die dem großen Konzern Red Bull zeigte, dass es so nicht weitergehen kann.

Der Name des Coaches wurde bei der Spielervorstellung nicht mehr von den Fans gerufen, ein Vorgang, den es beim EHC zuletzt beim Englbrecht-Missverständnis gab. Die Regie reagierte schnell und blendete den Trainerstab einfach nicht mehr ein. Doch auch in den sozialen Netzwerken machte der Shitstorm nicht halt, bis schließlich fest stand, dass Pagé einen anderen Posten fernab von München besetzen wird.

Pierre Pagé und München – das war von der ersten Pressekonferenz bis zum vorzeitigen Ausscheiden in der 1. Playoff-Runde ein großes Missverständnis. Der große Eishockeytheoretiker scheiterte schlussendlich an der Praxis, weil er es nicht schaffte, sich anzupassen.

Die nächste Saison wird zeigen, wie groß die Baustellen sind. Eine verunsicherte Mannschaft, unzufriedene Fans und eine bissige Medienlandschaft warten auf den neuen Coach, der bisher noch nicht bekannt ist. Einfach wird’s nicht.

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail